Wer ist Ray Dalio & warum sollte es Sie interessieren? Die Zukunft der algorithmischen Entscheidungsfindung

Finanzielles Wohlbefinden

Während sich Computer und künstliche Intelligenz gerade in der Welt manifestierten, sieht Ray Dalio eine Zukunft, in der diese Technologien für bessere Entscheidungsprozesse genutzt werden könnten. Dalio prophezeit, dass Automatisierung und maschinelles Lernen durch algorithmische Entscheidungsfindung nicht nur die Finanzwelt verändern, sondern auch die Entscheidungen aller Menschen auf der ganzen Welt beeinflussen.

Ray Dalio
„Ob es Ihnen gefällt oder nicht, radikale Transparenz und algorithmisch getroffene Entscheidungen kommen schnell auf Sie zu und werden Ihr Leben verändern.“ – Ray Dalio

Was ist eine algorithmische Entscheidungsfindung?

Jahrzehntelang trafen Finanzinstitute ihre Entscheidungen auf Basis von Intuition und mithilfe des Wissens ihrer Trader und Mitarbeiter. Sie bestimmten, welche finanziellen Entscheidungen wahrscheinlich am besten für das Unternehmen waren. In den letzten zehn Jahren hat sich das langsam aber stetig verändert, sodass nun Algorithmen zu einem großen Teil die Finanzentscheidungen für einige der größten Unternehmen der Welt treffen. Algorithmische Entscheidungsfindung findet statt, wenn ein Computer (oder ein Netzwerk von Computern) die optimale Entscheidung basierend auf den Daten früherer Entscheidungen und vieler weiterer Parameter trifft.

Ray Dalio erklärt, wie seine Firma seit den 1980er Jahren am algorithmischen Investieren arbeitet. In seinem Modell verwenden menschliche Investoren automatisierte Systeme, die Investitionsentscheidungen auf der Grundlage von Algorithmen vorschlagen. Letztendlich ist es immer noch die Entscheidung des Menschen, ob er eine Investition tätigen will oder nicht.

Das Erstaunliche an Algorithmen ist, dass sie mit der Zeit dazu lernen können. Wenn neue Informationen bekannt werden, kann ein Algorithmus angepasst werden, um seine Fehler weiter zu verringern. In der Investmentwelt hilft das, eine Anlagestrategie über Jahre oder sogar Jahrzehnte hinweg zu perfektionieren. Es wird angenommen, dass Algorithmen, weil sie unvoreingenommen sind, Entscheidungen strikt auf der Grundlage von Daten und Fakten treffen, und zwar ohne die emotionalen Einflüsse, die auf uns Menschen bei unserer Entscheidungsfindung wirken.

Ray Dalio sieht eine automatisierte Zukunft

Nach einigen Jahren Arbeit in der Finanzindustrie gründete Ray Dalio 1975 den US-amerikanischen Hedgefonds Bridgewater Associates. Im Jahr 2005 wurde er zum weltweit größten Hedgefonds, der für seine Kunden 160 Milliarden Dollar verwaltet. Während seiner Zeit bei Bridgewater begann Dalio zu erkennen, wie Finanzinstitute mit Hilfe von künstlicher Intelligenz und Algorithmen bessere Entscheidungen treffen können.

Solche Algorithmen würden im Laufe der Zeit auf der Grundlage früherer Eingaben der Benutzer und bisheriger Ergebnisse lernen, die optimalen Entscheidungsfindungstechniken zu entwickeln. Doch Dalio geht nicht davon aus, dass sich dieses Konzept lediglich auf Finanzmärkte beschränkt, sondern erkannte, dass die algorithmische Entscheidungsfindung das Potenzial hat, die Art und Weise zu verändern, wie wir Menschen die Welt gestalten.

Als Dalio die Leistungsstärke von Algorithmen in seinem Unternehmen sah, fragte er sich, ob die gleichen Prinzipien der Automatisierung nicht auch auf andere Bereiche angewendet werden könnten. Um seine Theorie zu testen, implementierte Bridgewater ein Management-Coach-System, das die Inputs der Mitarbeiter nutzt, um ein algorithmisches Konzept für die Unternehmensführung zu entwickeln. Die Mitarbeiter bewerten sich gegenseitig, benachrichtigen die Manager über Unzufriedenheit bei den Mitarbeitern und liefern wertvolle Daten, die den Managementalgorithmus darüber informieren, welche Personalentscheidungen zu treffen sind. Dieses Modell wird oft als einer der Gründe genannt, warum Bridgewater in letzter Zeit so erfolgreich war.

Das Management ist jedoch nur ein Bereich, in dem Algorithmen zur Entscheidungsfindung eingesetzt werden.

Algorithmen sind überall

Algorithms are everywhere
Es gibt Hinweise darauf, dass Algorithmen bereits deutlich häufiger eingesetzt werden, als man denkt.

Nehmen wir als Beispiel die Sicherheit. Die meisten Menschen glauben, dass die Polizei potenzielle Verbrechen nicht nur anhand von Fakten, sondern auch anhand von menschlicher Intuition untersuchen sollte. Dieser Gedanke beruht aber wahrscheinlich mehr auf Emotionen als auf Fakten und Beweisen. An bestimmten Orten werden heute Algorithmen verwendet, um den Risikofaktor von Kindern basierend auf ihren häuslichen Bedingungen, ihrem familiären Umfeld und anderen Faktoren zu bestimmen. Tatsächlich machen frühe Berichte über solche Prognosen aus Pittsburgh, PA, optimistisch. Brett Drake, ein Professor an der Brown School of Social Work der Washington University in St. Louis, der diese frühen Tests durchführte, äußert sich zuversichtlich. „Angesichts der frühen Ergebnisse aus Pittsburgh erscheint die prädiktive Analytik als eine der spannendsten Innovationen im Kinderschutz der letzten 20 Jahre“, so Drake.

Auch in der Hypothekenindustrie sind Algorithmen inzwischen seit über einem Jahrzehnt die Regel. Untersuchungen aus dem Jahr 2002 deuten darauf hin, dass „[automatisierte Underwriting]-Systeme den Ausfall genauer vorhersagen als manuelle Underwriter.“ Dies soll zu einer Erhöhung der Genehmigungsraten und zur genaueren Analyse und Berücksichtigung von Daten, die ansonsten vielleicht übersehen worden wären, führen.

In der juristischen Welt geht man auch davon aus, dass Algorithmen die Entscheidungsfindung im Gerichtswesen erheblich verbessern würden. In New York City schätzt man, dass dadurch 41,9 % weniger Menschen hinter Gittern landen würden, sofern sich die Kriminalität nicht verschlimmert.

Dies sind nur einige Beispiele dafür, wie Algorithmen auf Makroebene eine bessere Entscheidungsfindung ermöglichen und effizientere Institutionen und Geschäftsprozesse schaffen. Die gleichen Prinzipien, die die oben genannten Algorithmen steuern, können aber auch den Erfolg von persönlichen Entscheidungen begünstigen.

Verbesserung des alltäglichen Lebens

Improving your everyday life

Was Dalio entdeckt hat, ist nicht nur auf finanzielle Fragen anwendbar, sondern auch auf die meisten anderen Entscheidungen des täglichen Lebens. Denn es ist bewiesen, dass wir Menschen uns selbst sowie unsere Entscheidungen nur schlecht verstehen. Wir können uns entweder überhaupt nicht oder wenn, dann nur verzerrt an vergangene Ereignisse und ihre Auswirkungen erinnern. Dies veranlasst uns, aktuelle Entscheidungen auf der Grundlage von falschen Informationen zu treffen.

Diese Probleme können alle durch Algorithmen gelöst werden. Wie Dalio es ausdrückt: „Wenn diese Maschinen uns helfen, werden sie lernen, wie wir sind, was wir schätzen, was unsere Stärken und Schwächen sind, und sie werden in der Lage sein, die Beratung, die sie uns geben, individuell anzupassen, indem sie automatisch die Hilfe anderer in Anspruch nehmen, die dort stark sind, wo wir schwach sind.“

Sein Buch „Die Prinzipien des Erfolgs“ beschreibt, wie der Mensch kurz davor steht, Algorithmen für viele seiner täglichen Entscheidungen einzusetzen. Denken Sie an ein Szenario, das für Sie häufig auftritt, sei es am Arbeitsplatz oder zu Hause. Stellen Sie sich nun vor, dass Sie, anstatt Ihre Entscheidung auf Ihre Emotionen just in diesem Moment zu stützen oder Ihren verzerrten Blick in die Vergangenheit zu richten, auf Daten Ihrer früheren Entscheidungen zugreifen können, um in Ihrer aktuellen Situation davon zu profitieren. Zusätzlich würde Ihre Entscheidung auf Daten aller Personen basieren, die jemals die gleiche Entscheidung in der Vergangenheit getroffen haben, sozusagen durch Crowdsourcing-Informationen. Diese Daten wären völlig unvoreingenommen und verbessern sogar ihre zukünftige Vorhersagefähigkeit mit jeder getroffenen Entscheidung.

Eine der einfachsten Möglichkeiten, Algorithmen bei der Arbeit zuzusehen, sind digitale Inhalte und Online-Shopping. Es wird geschätzt, dass 80 % der Entscheidungen, die auf Netflix getroffen werden, und etwa 33 % der Entscheidungen, die auf Amazon getroffen werden, das direkte Ergebnis von Algorithmen sind, die den Betrachtungsverlauf sowie die Bewertungen des einzelnen und aller anderer Benutzer hinweg erfassen, um festzustellen, welcher der beste Inhalt für diesen bestimmten Betrachter wäre. Diese Algorithmen passen die vorgeschlagenen Inhalte ständig an, basierend auf den jüngsten Entscheidungen des Benutzers.

Diese Technologie sagt jetzt sogar voraus, was Sie in Ihrer nächsten E-Mail schreiben werden. Google hat Smart Compose vorgestellt, ein Feature, welches Wortsequenzen in E-Mails in Echtzeit voraussagt. Dies lässt den Anschein erwecken, dass Google weiß, was Sie schreiben werden, noch bevor Sie überhaupt anfangen zu tippen. Und das alles dank Algorithmen, die Ihre früheren E-Mails sowie die anderer Google-Nutzer auswerten, um festzustellen, was Sie in Ihrer neusten E-Mail wohl schreiben werden.

Was ist mit Beeinflussungen?

Wenn Menschen mit ihren eigenen Beeinflussungen und Verzerrungen zu kämpfen haben, würden sich diese nicht auch in den Algorithmen wieder finden, die die Menschen programmieren? Das ist eine Frage, die in einer Arbeit von Songül Tolan, einem Forscher der Gemeinsamen Forschungsstelle der Europäischen Kommission, angesprochen wird. Tolan merkt an, dass es Beweise dafür gibt, dass Algorithmen die Dinge sogar noch verschlimmern könnten. „Es gibt überwältigende Hinweise dafür, dass menschliche Verzerrungen an ihre Algorithmen vererbt werden und sie aufrechterhalten können, wenn sie auf Daten basieren, die voreingenommene menschliche Entscheidungen enthalten“, sagt Tolan.

Es ist unvermeidbar, dass ein Algorithmus irgendwann eine verzerrte Entscheidung trifft. Wenn dies geschieht, werden viele Fragen folgen. Wem geben wir dann die Schuld? Wie wird die Entscheidung korrigiert, falls das möglich ist? Was sind die rechtlichen Konsequenzen? Bis es Standards für den Umgang mit voreingenommenen algorithmischen Entscheidungsträgern gibt, wird es schwierig bleiben, diese Strategien in verschiedenen Geschäfts- und Lebensbereichen umzusetzen.

Dies mag auch der Grund dafür sein, dass die Öffentlichkeit den Algorithmen und ihrem angeblichen hohen Wert im alltäglichen Leben immer noch skeptisch gegenübersteht. Laut einer Umfrage des Pew Research Center glaubt die Mehrheit der Erwachsenen in den Vereinigten Staaten immer noch, dass Computerprogramme immer die Menschen widerspiegeln, die sie entworfen haben. Dies ist eine recht skeptische Haltung gegenüber der Automatisierung und Lernfähigkeit von Entscheidungshilfen.

Human biases

Algorithmen sollen helfen

Entscheidungsprozesse auf Basis von Algorithmen und maschinelles Lernen haben noch einen langen Weg vor sich. Ohne die Verzerrungen und Voreingenommenheiten in diesen Technologien zu beseitigen werden sie nicht viel mehr Nutzen bringen als die emotionalen Entscheidungen der Menschen.

Es ist jedoch wahrscheinlich, dass im Laufe der Zeit solche Verzerrungen behoben werden und die algorithmische Entscheidungsfindung im Leben aller Menschen immer mehr zur Norm wird. Davor sollte man keine Angst haben, sondern es feiern. Die Arbeit, die Ray Dalio vor Jahrzehnten begann, soll unser Leben effizienter machen und uns Werkzeuge an die Hand geben, um die bestmöglichen Entscheidungen für unser eigenes Leben zu treffen.