Ein Plädoyer für die Aufnahme von Finanzthemen in den Lehrplan

Finanzielles Wohlbefinden

In der Schule gibt es viele wichtige Fächer, die Kinder auf das Erwachsenenalter vorbereiten, z. B. Geschichte und Naturwissenschaften oder Sprachen und Mathe. Aber es gibt einen Bereich, in dem Schulen weltweit leider nicht gut abschneiden, und das ist der gesamte Bereich der persönlichen oder privaten Finanzen. Da Kindern nicht von klein auf der Umgang mit Geld beigebracht wird, haben sie es als Erwachsene schwer, die richtigen finanziellen Entscheidungen zu treffen. Wenn wir möchten, dass unsere Kinder zu finanziell verantwortungsbewussten Erwachsenen heranwachsen, sollte das Thema Finanzen in den Lehrplan aufgenommen werden. Wir müssen ihnen nahebringen, wie wichtig finanzielles Wissen ist und welche Methoden und Hilfsmittel es im Bereich der persönlichen Finanzen gibt.  

In den Schulen lernen wir zwar Mathematik, aber nicht die wesentlichen Prinzipien für den Umgang mit Geld
In den Schulen lernen wir zwar Mathematik, aber nicht die wesentlichen Prinzipien für den Umgang mit Geld

So läuft finanzielle Bildung heute meistens ab

Wenn wir nicht gerade Finanzen, Wirtschaft oder ein ähnliches Fach studieren oder studiert haben, müssen wir in der Regel unsere finanzielle Bildung selbst in die Hand nehmen. Es gibt Tausende von Online-Ressourcen, in denen wir uns über wichtige finanzielle Aspekte informieren können, wie z. B. den Kauf eines Hauses, das Sparen für den Ruhestand oder die Familienplanung. Aber diese Art der Do-it-yourself-Bildung eignet sich eigentlich nicht dafür, was die meisten Erwachsenen suchen und brauchen. 

Zum einen fangen die meisten Menschen erst recht spät im Erwachsenenalter an, sich mit Finanzthemen zu beschäftigen. Das heißt, dass sie oft schon Jahrzehnte mit schlechten finanziellen Gewohnheiten gelebt haben, die sie sich wahrscheinlich nur schwer wieder abgewöhnen können. Und wenn sie erst einmal einen Vollzeitjob haben und sich gleichzeitig um die Familie kümmern müssen, bleibt nicht mehr viel Zeit übrig, sich in finanzielle Angelegenheiten einzuarbeiten. Wenn Sie die Wahl hätten, sich über Ihre Altersvorsorge zu informieren oder Ihren Kindern bei den Hausaufgaben zu helfen, ist wohl klar, wie Sie sich entscheiden würden. 

Viele nutzen Websites oder Newsletter, um sich zu informieren, aber diese Quellen lassen oft zu wünschen übrig. Laut John Robinson, Mitbegründer von Nest Egg Guru, kann heutzutage jeder einen Investment-Newsletter erstellen, sodass sich dahinter auch Betrüger verbergen können. 

„Die Regeln der United States Securities and Exchange Commission (SEC) [US-Börsenaufsichtsbehörde], die für Finanzplaner und registrierte Anlageberater in den USA gelten, sehen einige Ausnahmen vor“, sagt Robinson. „Eine betrifft Newsletter. Zum Versenden von allgemeinen Newslettern muss man sich nicht als Anlageberater oder Finanzplaner registrieren, das gilt nur, wenn man einzelne Kunden direkt berät“, sagt er. „Es gibt viele Investment-Newsletter, die einigermaßen bekannt sind und ziemlich, ich würde sagen, zwielichtig erscheinen.“

Dieser Mangel an Kontinuität in der Finanzbildung macht es schwer zu wissen, wem man vertrauen kann. Man kann verschiedene Bücher lesen und im Internet nach Antworten auf Fragen suchen, erhält dann aber so viele widersprüchliche Antworten, dass man mit noch mehr Fragen zurückbleibt. Diesem Dilemma kann nur mit einer standardisierten Finanzbildung begegnet werden, die allen die gleichen Ausgangsbedingungen ermöglicht.

Auch viele gebildete Menschen kennen sich nicht mit Finanzen aus

Auch intelligenten und gebildeten Menschen fehlen oft die Grundlagen finanzieller Bildung
Auch intelligenten und gebildeten Menschen fehlen oft die Grundlagen finanzieller Bildung

Der Mangel an Finanzkenntnissen rund um den Globus ist beunruhigend. Das eigene Land macht da sicher keine Ausnahme: Laut einer Studie von howmuch.net aus dem Jahr 2018 liegt der Anteil der Bevölkerung mit Finanzkompetenz in Estland bei 54 %, in Deutschland bei 66 %, in Italien bei 37 % und in Spanien bei 49 %. Auch wenn diese Werte nicht zu den schlechtesten weltweit gehören, könnten sie sicherlich besser sein.

Rebecca Shoval, die Gründerin der Finanz-Website Money Funnies, hat beobachtet, dass erstaunlicherweise selbst hoch gebildete Menschen in einer Gesellschaft keine Ahnung haben, wenn es um ihre Finanzen geht. „Ich habe Gespräche mit sehr gebildeten Freunden geführt, z. B. Ärzten und Hochschulprofessoren, denen sogar das Basiswissen bei diesem Thema fehlte“, sagt Shoval. „Und kurioserweise wissen sogar viele Leute, die in der Finanzbranche arbeiten, mehr über Unternehmensfinanzen als über ihre eigenen.“

Das Problem ist, dass man ohne ein solides Fundament an Finanzbildung leichter in Fallen tappt, die ansonsten leicht zu vermeiden wären.

Die Auswirkungen

Das heutige Modell der Finanzbildung kann ziemlich krasse Auswirkungen haben. Erstens gibt es viele schwarze Schafe in der Branche, die im ahnungslosen Verbraucher ein leichtes Opfer sehen. Kurzzeitkredite oder Minikredite mögen z. B. attraktiv erscheinen für Personen, die schnell Geld benötigen, aber wenn sie die Details nicht verstehen und über die extrem hohen Zinssätze nicht Bescheid wissen, kann ihre Lage leicht ausgenutzt werden.

Das ist wahrscheinlich auch einer der Gründe, warum es selbst hart arbeitenden Menschen aus der Mittelschicht schwerfällt, in Sachen Finanzen voranzukommen. Unnötige Schulden zu machen, Steuervergünstigungen nicht zu nutzen und nicht klug zu investieren sind alles Fallstricke, über die man ohne das richtige Wissen leicht stolpern kann. 

Als Ergebnis einer nicht ausreichenden Finanzbildung fühlen sich die Menschen oft unsicher, wenn sie wichtige finanzielle Entscheidungen treffen müssen. Sie sind ohne das nötige Hintergrundwissen in dem komplizierten Finanzsystem letztendlich auf sich allein gestellt.

Das Lehren von Finanzthemen muss nicht schwer sein

Wenn schon bei jungen Kindern „Finanzen“ auf dem Lehrplan stehen, sind sie als Erwachsene in Finanzfragen besser gerüstet
Wenn schon bei jungen Kindern „Finanzen“ auf dem Lehrplan stehen, sind sie als Erwachsene in Finanzfragen besser gerüstet

Es mag sein, dass Pädagogen und andere Verantwortliche zunächst ein mulmiges Gefühl dabei haben, sich mit kleinen Kindern an das komplexe Thema Finanzen heranzuwagen. Aber es gibt eigentlich einfache Methoden, schon kleine Kinder zum Nachdenken über Geld anzuregen, die nicht nur viel bringen, sondern auch noch leicht zu verstehen sind.

Ein Bereich, der sich sehr für die finanzielle Bildung eignet, ist das Konzept der Budgets. Die Auseinandersetzung damit ließe sich leicht in den Lehrplan integrieren. Von klein auf verstehen Kinder den Wert von Geld, und manche erhalten sogar ein Taschengeld von ihren Eltern. Der Umgang mit Budgets könnte den Schülern anhand von Dingen nahegebracht werden, mit denen sie schon vertraut sind, wodurch das Thema leichter zu vermitteln ist. Zum Beispiel könnten Kindern bestimmte Szenarios beschrieben werden, in denen sie einen festen Geldbetrag erhalten. Dann sollen sie diesen möglichst „vernünftig“ ausgeben. Anschließend können sich die Schüler darüber austauschen, warum sie ihr Geld so ausgegeben haben, wie sie es getan haben.

Wenn die Schüler älter sind, können sie dann auch anfangen, sich mit immer komplizierteren Themen zu beschäftigen. Konzepte wie Steuern und Zinsen können ab dem Teenager-Alter beigebracht werden, da diese Aspekte dann auch im täglichen Leben außerhalb der Schule zunehmend wahrgenommen werden. Kenntnisse in diesen Bereichen schon in jungen Jahren zu erwerben, wird ihnen helfen, sich auf die Universität und auf das Leben darüber hinaus vorzubereiten.

Eine Veränderung, die dringend nötig ist

Wir leben leider in einem Umfeld, in dem nur einige wenige das finanzielle Wissen haben, um erfolgreich zu sein. Das muss sich ändern, wenn wir wollen, dass alle die gleichen Ausgangsbedingungen haben und ein finanziell stabiles Leben erreichen können. Ohne Finanzbildung in den Schulen ist jeder auf sich allein gestellt, wenn es darum geht, komplexe finanzielle Angelegenheiten zu verstehen, die nicht leicht zu durchschauen sind. Wäre das Leben nicht einfacher, wenn Erwachsene Finanzwissen nicht auf die harte Tour erlernen müssten? Sicher! Setzen wir uns also für eine bessere finanzielle Bildung ein, damit die nächste Generation von Kindern zu finanziell klügeren Erwachsenen heranwachsen kann.